Ansichten der Revolte: Friedrich Christian Delius„Die Zukunft der Schönheit“
Moderation: Ulrich Kühn
Im Mai 1966 gerät ein junger Deutscher aus der hessischen Provinz in einen New Yorker Jazzclub, es spielt der Saxophonist Albert Ayler. Befremdet, beleidigt, beschwingt von der unerhörtesten Musik jener Zeit, beginnt der junge Mann, das ganze unheilvolle Durcheinander der Gegenwart aus diesen Tönen herauszuhören, den Mord an Kennedy, den Vietnamkrieg, den Börsenlärm, den Kampf der Schwarzen, die Studentenproteste. Je mehr er sich einlässt auf die wilde Musik, desto näher kommt der angehende Dichter sich selbst, bis zum verdrängten Schmerz eines Vaterkonflikts, der von einem anderen Jazzkonzert ausgelöst wurde, und zu den peinlichen, pubertären Anfängen seines Schreibens. Gebannt von Aylers Improvisationsräuschen, begreift der junge Mann in einem hellsichtigen Assoziationstaumel die revolutionäre Energie, die in Wachheit und Wut steckt. Diese Musik lässt ihn körperlich fühlen, wie Zerstören und Zersetzen der Beginn alles Schönen sein kann und die Kunst das Rettende wird.
Friedrich Christian Delius‘ autobiographische Erzählung beschwört den Aufbruchsgeist einer ganzen Epoche!
Friedrich Christian Delius, geb. 1943 in Rom, lebt seit 1963 in Berlin. Seine Werkausgabe im Rowohlt Taschenbuch Verlag umfasst derzeit achtzehn Bände. Für sein umfangreiches Werk wurde er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Fontane-Preis, dem Joseph-Breitbach Preis und 2011 mit dem Georg-Büchner-Preis.
Ulrich Kühn, geb. in Karlsruhe, studierte Theaterwissenschaft, Germanistik und Philosophie und promovierte über das Zusammenspiel von gesprochener Sprache und Musik im Theater. Er arbeitete als freier Autor und Rezitator, ab 2000 als Moderator für den NDR und ist seit 2007 als Redakteur bei NDR Kultur in Hannover tätig, wo er die Redaktion Kulturmagazine leitet.
In Kooperation mit dem Verein zur Förderung der politischen Kultur Hannovers e.V.